Beteiligung und Teilhabe im Mittelpunkt – seit 60 Jahren
Ein großes, interkulturelles Fest sollte es in 2024 mit Fertigstellung des Stanigplatzes geben. Darauf verständigten sich die Bürgerrät*innen und Vertreter*innen aus Diakonie Hasenbergl sowie Politik und Verwaltung bei der Ergebnispräsentation des Stadtteilforums "Gemeinsam gut leben im Hasenbergl" Ende Juni 2023. Mehr als 25 Personen waren der Einladung in das Alten- und Servicezentrum (ASZ) Hasenbergl zum Weiterdenken der Projektideen aus dem Bürger*innenrat gefolgt. Im Mai 2023 hatten damals schon engagierte Anwohnende im Rahmen des Beteiligungsworkshops ein ganzes Wochenende lang verschiedenste Projektideen zur Verbesserung der Lebensqualität im Hasenbergl entwickelt.
Am kommenden Sonntag ist es nun soweit: Anlässlich des 60jährigen Jubiläums der Diakonie Hasenbergl findet am Stanigplatz eben dieses gewünschte interkulturelle und generationenübergreifende Stadtteilfest statt – und soll künftig ein fester Termin im Quartier sein.
Motivieren und zusammen aktiv werden
„Wir freuen uns sehr, dass wir im Rahmen des Stadtteilforums schon vor einem Jahr alle Mitmacher*innen dafür begeistern konnten“, lacht Gereon Kugler, Vorstand der Diakonie Hasenbergl. Gleich zweimal haben Mitarbeitende des Sozialunternehmens in 2023 die Anwohnenden im Rahmen eines Bürger*innenrats zum Mitdenken eingeladen. Die Hasenbergler*innen wurden gefragt, was es braucht, um gemeinsam gut im Hasenbergl zu leben, und was für mehr Miteinander, für Begegnung und gelebte Nächstenliebe noch notwendig ist. Der Wunsch einer Möglichkeit, zusammenzukommen, um die Idee einer lebendigen solidarischen Nachbarschaft zu verwirklichen, stand bei beiden Beteiligungsformaten im Mittelpunkt. Aber auch andere Projektideen und Initiativen sind dabei entstanden, von denen einige weiterentwickelt, andere schon in der Umsetzung sind. „Unsere Aufgabe als Diakonie Hasenbergl ist es nun, in enger Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartner*innen in Kirche, Politik und Verwaltung und weiteren Unterstützer*innen, diese Ideen nachzuhalten und allen Beteiligten den Raum für ein vertrauensvolles zusammen.tun zu geben“, erklärt Gereon Kugler, Vorstand der Diakonie Hasenbergl.
Schon seit den frühen 80er Jahren arbeiten die Sozialexpert*innen des Vereins im Münchner Norden nach den Prinzipien der Gemeinwesenarbeit: Dabei geht es darum, die Bedarfe der Anwohnenden zu erkennen und gemeinsam mit den Menschen im Quartier Lösungen zu entwickeln. „Zunächst einmal ist Gemeinwesenarbeit die Methode der sozialen Arbeit schlechthin. Im Bereich Stadtteilarbeit nutzen wir aber einen großen Methodenkoffer, mit dem wir ganz verschiedene Fragestellungen abdecken können. Über Sozialraumbefragungen, aber auch durch Gespräche hören wir heraus, welche Bedarfe es gerade gibt. Unser Grundsatz ist: Die Menschen im Viertel sind die Expert*innen dessen, was sie gerade brauchen. Nur im Austausch mit ihnen, finden wir heraus, wie wir unterstützen können“, erzählt Jessica Vogel. Die Pädagogin leitet die Stadtteilarbeit mit fünf Nachbarschaftstreffs im Münchner Norden. „Ganz wichtig ist uns bei unserer Arbeit die Menschen hier vor Ort zu beteiligen, also nicht nur etwas anzubieten, sondern vor allem das anzubieten, was die Menschen auch brauchen. Dafür führen wir zum Beispiel Bürgerräte durch, in denen wir mit den Menschen analysieren, wo hakt bzw. wo fehlt etwas, wo brauchen wir etwas, was könnte besser sein oder was ist auch schon ganz gut und kann vielleicht noch verbessert werden? Und dann entwickeln wir gemeinsam mit den Menschen, was wir daraus machen und wie wir das Ziel erreichen. Wir versuchen die Menschen zu aktivieren, mit uns zusammen das Quartier zu gestalten und nicht für die Menschen zu arbeiten“, bestätigt Carla Singer. Sie verantwortet als Leitung die Bereiche Seniorenarbeit und Sozialpsychiatrie und ist darüber hinaus als Einrichtungsleitung des Alten- und Servicezentrum (ASZ) Hasenbergl tätig. „Ich glaube, unsere Aufgabe als Diakonie Hasenbergl ist es, den Menschen den Raum zu bieten, an ihren Themen dran zu bleiben und ihnen die Möglichkeit zu bieten, da kontinuierlich zu sein, immer wieder dazu einzuladen. Dabei nutzen wir natürlich auch unserer Stärke als großer Arbeitgeber, als großes Unternehmen im Münchner Norden, um gegenüber der Politik, die entsprechenden Ressourcen dafür einzufordern, dass diese Projekte langfristig laufen können“.
Die direkte, dialogische Bürgerbeteiligung in Form von Bürgerräten gibt es seit rund 50 Jahren, sie wurde als Folge einer bereits länger währenden "partizipativen Revolution" bezeichnet. Im kommunalen Bereich sollten sie die gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeteiligung effektiver machen. Aber auch auf der Ebene der Quartiersarbeit, in der sozialen Arbeit mit Menschen, in der Unternehmensentwicklung ist seit einigen Jahren eine stetige Begeisterung für diverse Beteiligungsformate zu verzeichnen. In der Diakonie Hasenbergl setzte man schon vor der Corona-Pandemie auf die Moderationsmethode Dynamic Facilitation. „Was uns durch diese langen Monate getragen hat, war das Wissen, um das zusammen.tun. in der Diakonie Hasenbergl, der gemeinsame Austausch auch über Einrichtungen und Bereiche hinweg. Wir haben uns damals gefragt: Wie geht es uns eigentlich? Wie gehen wir mit der Situation um? Und was brauchen wir, um trotz der Veränderungen unserem Auftrag für die Menschen nachkommen zu können? Zur Moderation dieser „Corona-Workshops“ haben wir schon damals mit der Methode Dynamic Facilitation gearbeitet“, resümiert Vorstand Dr. Stefan Fröba. „Schnell haben wir ein eigenes Team an ausgebildeten DF-Moderator*innen gebildet, die unsere Mitarbeitenden in Teams, aber auch in der Arbeit in Qualitätszirkeln und Arbeitskreisen unterstützt und damit die Mitgestaltungsmöglichkeiten unserer Unternehmensentwicklung durch unsere Mitarbeitenden noch einmal deutlich verstärkt hat“, ergänzt Gereon Kugler.
Neben internen Unternehmensentwicklungsformaten wird die Methode Dynamic Facilitation auch zunehmend zur Beteiligung der Anwohnenden im Münchner Norden eingesetzt. „Bürgerrate sind für uns ein ganz tolles Hilfsmittel, das Demokratieverständnis zu fördern, weil wir dadurch die Menschen alle an den Tisch bekommen. Wir laden alle ein, auch gerade Menschen, die sonst vielleicht in ihren Wohnungen sitzen und nicht so rauskommen, sich nicht beteiligen können. So entwickeln die Menschen ein Verständnis füreinander, sie verstehen sich gegenseitig, sie haben ganz viel Raum, sich gegenseitig zuzuhören“, berichtet Jessica Vogel. Auch die Sprecherin von REGSAM, Friedericke Goschenhofer, bestätig: „Bürgerräte sind eine wichtige Form und ein wichtiges Forum, die Bürger*innen zum Ausdruck ihrer Ideen zu bewegen und sie zu motivieren, auch dafür aktiv zu werden. Für mich ist es und für uns ist es ein partizipatives Element, ein sehr wichtiges Element, was auch die Demokratie fördert. Für REGSAM, das Netzwerk für Soziale Arbeit in München, sind die hier kreierten Ideen und Projekte wichtige Hinweise, was es im Viertel zu unterstützen gilt. Mit unserer Trägervielfalt und Expertise unterstützen wir die Projektideen nach unseren Möglichkeiten.“
Damit die entwickelten Ideen und Projektvorhaben auch tatsächlich in die Umsetzung gelangen, ist eine enge Zusammenarbeit mit Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung absolut notwendig. „Die Bürgerräte sind eine moderne Form der Bürgerbeteiligung. Der Bezirksausschuss unterstützt die Arbeit der Bürgerräte, da sie einen wichtigen Beitrag leisten zur Teilhabe und Gestaltung des Gemeinschaftslebens in einem Stadtquartier. Wünsche und Anregungen der Bürgerräte werden vom Bezirksausschuss gern angenommen und auch umgesetzt“, erklärt Dr. Rainer Großmann, Vorsitzender des Bezirksausschuss 24. In der Diakonie Hasenbergl ist man über die Unterstützung des Bezirksausschusses 24, Feldmoching Hasenbergl sehr dankbar. Das Projekt „Stadtteilfest“ wird am kommenden Sonntag umgesetzt. Anschließend wollen die Teilnehmenden eine weitere Projektidee in Angriff nehmen: Informationsplattformen für alle Anwohnenden, die an belebten Stellen im Viertel installiert werden sollen.